Knutschkugel, so nennt man Autos im Elefantenrollschuhformat. Daher die Abkürzung für meinen kleinen, roten Fiat 126: Knutschi. Leider ist er nicht mehr in meinem Besitz, seine Zylinderkopfdichtung hat aufgegeben – aus Gründen. Davon möchte ich hier erzählen, und von dem Spaß, den ich in den 90er Jahren mit meinem Fiat 126 hatte, der sich sogar mit zwei offiziellen Beinamen angeben brüsten durfte: Fiat Bambino und Fiat Polski.
Ob Kutschi wirklich aus Polen kam, weiß ich nicht. Aber eines war von Anfang an klar: Er war nicht einfach nur ein Fiat 126, sondern eine eigene Persönlichkeit mit allerlei Flausen im Kopf. Darum wollte ich ihn sofort beim ersten Anblick haben.
Heute hätte ich ihn bestimmt mit einem Teddy-Maskottchen von SJS Carstyling ausgestattet, damals musste stattdessen ein selbstgedrucktes Schild im Heckfenster herhalten. Was da draufstand? Verrate ich später!
Der Fiat 126 und die Studentin: eine innige Liebe
Natürlich war es Liebe auf dem ersten Blick für mich, wie könnte es auch anders sein? Schließlich war ich Blondine, Studentin, hatte wenig Geld und einen enorm guten Geschmack! Also kaufte ich mir den kleinen Helden in Rot, der damals noch kein Fiat Oldtimer war, sondern fast noch ein Newbie. Ich passte gerade so rein, was man von meinen Mitfahrern kaum noch behaupten konnte.
Mein Vater, mit einer Körpergröße von 1,85 m, nahm, wenn es denn unbedingt sein musste, rechts auf dem Rücksitz Platz und klappte den Beifahrersitz um. So konnte er sogar noch seine Beine unterbringen! Wir schafften fast 125 km/h auf der Autobahn, ich und Knutschi, ohne den Papa. Der war zu schwer für solche Geschwindigkeiten.
Der kleine Wagen startete mit einem Choke, was selbst für die 90er Jahre schon sehr altmodisch war. Und an der Tanke haute er gern mal ein paar Fehlzündungen hintereinander raus, was mir einmal die Bemerkung einbrachte: „Diese Paderborner! Immer einen Scherz auf den Lippen!“
Warum grüßen sich zwei Fiat-Fahrer nicht, wenn sie sich mittags auf der Straße begegnen? Weil sie sich morgens schon in der Werkstatt gesehen haben!
Lachen und Winken: Fiat 126 als Highlight auf der Bundesstraße
Aufmerksamkeit zog Knutschi ganz ohne meine Hilfe auf sich, doch mit etwas Unterstützung wurde es noch mehr. Mein selbst entworfenes Schild fürs Rückfenster sollte für einige lustige Begegnungen sorgen! Darauf zu sehen: ein rasender Fiat – und die freundliche Aufforderung „Eat my dust! “ – Friss meinen Staub. Mehrmals geschah es auf der Bundesstraße, dass ein Auto mich überholte, die Insassen, fröhlich winkten, dann langsam fuhren und wiederum mich überholen ließen. Nochmal winken, lachen und dann … okay, zugegeben, sie haben nicht meinen Staub gefressen, sondern ich ihren. Aber Knutschi und ich konnten das ganz gut ab.
Noch heute träume ich von einem Fiat 500 Oldtimer
Letztens, Jahre später, sah ich ihn wieder, meinen Knutschi. Zumindest im Geiste. Auf einer Oldtimer Rallye stach mir ein himmelblauer Fiat 500 Oldtimer ins Auge und ruckzuck waren alle Erinnerungen wieder da. Ich hätte den kleinen Kerl wirklich gerne zurück, aber ob er überhaupt noch existiert? Jedenfalls konnte ich ihn beim Verkauf vor der Verschrottung bewahren, und das ging so:
Knutschi hatte leider ein Problem. Die Luftkühlung funktionierte nicht richtig, der Wagen überhitzte zeitweise, dann musste ich am Straßenrand parken und ihm eine Pause gönnen. Einmal hielt die Polizei neben uns und mir rutsche das Herz in die Hose. Nach meiner Erklärung lachten die Beamten und einer meinte: „Meine Frau hat auch so einen, ich kenne das. Wir kommen später nochmal vorbei und schauen, ob Sie es geschafft haben.“
Dummerweise kenne ich mich schlecht mit den Befindlichkeiten von Motoren aus und wusste nicht, dass mir nach und nach die Zylinderkopfdichtung wegschröggelte. Der Einbau einer neuen war sagenhaft teuer für mich kleine Studentin, also blieb nur noch der Verkauf.
Viele Interessierte riefen an, die Knutschi tatsächlich für Ersatzteile ausschlachten wollten! Keine gute Idee. Bekommen hat meinen kleinen Freund schließlich ein älterer Herr Ü80, der damit sonntags zur Kirche rollen wollte. Hoffentlich hat er Knutschi seinen Enkeln vererbt.
FIAT ist wahlweise die Abkürzung für: Fehler in allen Teilen. Oder: Für Italiener ausreichend Technik.
Schönheit ist kein Zufallsprodukt – zumindest nicht bei Autos
Knutschi war eine Schönheit, finde ich. Und trotz knapper Kasse habe ich sein Äußeres immer schön gepflegt, damit er knallrot leuchtet und seine Ledersitze wunderbar duften. Ein bisschen Luxus findet sich schließlich in der kleinsten Hütte! Hätte ich SJS Carstyling damals schon gekannt, wäre ich sicher auf den milden Lederreiniger abgefahren und darauf, Knutschi gründlich mit dem Microfaser-Staubwedel abzustauben (viel Fläche war da ja nicht). Aber Hauptsache: verwöhnen!
Und ganz real überlege ich: Soll ich mir nochmal einen Fiat 126 kaufen, wenn die Kinder aus dem Haus sind und ich womöglich wieder studieren gehe? Diesmal wird es dann ein Youngtimer oder sogar ein Oldtimer Fiat, denn die Herstellung endete im Jahr 2000. Einen Dellenzieher, das weiß ich, brauche ich dann sicher nicht, zumindest, wenn mal wieder jemand drüberläuft und Fußspuren im Blech hinterlässt. Die kann man von innen einfach wieder hochdrücken! Selbst ausprobiert.
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Bildquelle:
Yvonne Salmen