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Das bereits seit weit über einem Jahr geltende, neue Gewährleistungsrecht, das auch beim Kauf von Oldtimern gilt, findet in der Praxis wenig Beachtung. Das bestätigte Alexander Einfinger, Fachanwalt für Verkehrsrecht, gegenüber der Online-Redaktion von SJS Carstyling. Die Regelungen waren bereits am 1. Januar 2022 in Kraft getreten und würden in der Praxis weitgehend ignoriert. Dabei ergeben sich zahlreiche Änderungen, welche die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern stärken. Speziell für den Kauf älterer Fahrzeug gilt: Es ist nun wichtiger als bisher, das Fahrzeug vor dem Verkauf detailliert zu beschreiben und die Erwartungen an die Beschaffenheit separat zu definieren. Aber damit nicht genug. Wir fassen noch einmal alle Änderungen in einem Beitrag kompakt zusammen:

1. Wann liegt ein Sachmangel vor?

  • In den erwähnten Änderungen wurde der Begriff „Sachmangel“ neu definiert. Objektive und subjektive Anforderungen an einen Oldtimer sind nun gleichrangig.
  • Demzufolge liegt ein Mangel vor, wenn der Oldtimer die objektiven Anforderungen an ein Kraftfahrzeug und die subjektiven Erwartungen der Kaufparteien nicht erfüllt.
  • Eine Schwierigkeit beim Oldtimerkauf ist, dass es keine festgelegten objektiven Anforderungen an einen Oldtimer gibt.
  • Diese gibt es zwar für Neufahrzeuge, für Oldtimer jedoch nicht, bzw. nicht hinreichend.
Gewährleistungsrecht Oldtimerkauf - 2
Bildquelle: ExQuisine – stock.adobe.com

2. Was sind die Pflichten des Käufers, wenn ein Mangel auftritt?

  • Der Käufer ist jetzt nicht mehr verpflichtet, dem Verkäufer eine Frist zur Beseitigung des Mangels zu setzen. Gleichwohl muss dem Verkäufer gemäß § 475 BGB faktisch weiterhin eine angemessene Frist für die Nacherfüllung eingeräumt werden.
  • Die Nachfrist ist angemessen, wenn der Schuldner in die Lage versetzt wird, die Mängel zu beheben. Hier kommt es grundsätzlich auf den Einzelfall an. In der Regel werden je nach Schwere des Mangels Fristen zwischen einer Woche und – in seltenen Ausnahmefällen – sechs Wochen oder mehr angemessen sein
  • Weiterhin muss der Käufer im Fall eines vorliegenden Mangels dem Verkäufer die Gelegenheit geben, den Mangel zu beseitigen. Zu diesem Zweck muss der Käufer den Wagen dem Verkäufer zur Verfügung stellen.
  • Ob diese Pflicht auch den Transport über eine weitere Distanz abdeckt, ist bislang nicht endgültig geklärt.

3. Höhere Anforderungen bei der Verkürzung der Verjährungsfristen beim Gebrauchtwagenkauf

  • Die Anforderungen an die Verkürzung der Verjährungsfrist wurden verschärft. Die allgemeine Verjährungsfrist bei Mängeln liegt auch weiterhin bei zwei Jahren.
  • Bisher sind oft Streitigkeiten entstanden, wenn sich ein Mangel unmittelbar vor dem Ablauf dieser Frist gezeigt hat.
  • Jetzt tritt die Verjährung frühestens vier Monate nach dem Zeitpunkt ein, zu dem der Mangel erstmals erkennbar wurde.
  • Soll die Frist für die Gewährleistung reduziert werden, so ist dies an höhere formale Hürden gebunden.
  • Es ist erforderlich, dass der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung über die Verkürzung eigens in Kenntnis gesetzt wurde und diese im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wird.

4. Höhere Anforderungen an Beschaffenheitsvereinbarungen

  • Grundsätzlich muss eine Sache den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen des Gesetzes entsprechen. Alle Punkte im Einzelnen aufzuführen würde den Rahmen sprengen. § 476 BGB gibt hier genauere Hinweise.
  • Abweichungen von dem, was üblich und mangelfrei ist (negative Beschaffenheitsvereinbarungen), sind nun ausdrücklich gesondert zu vereinbaren. Zudem muss der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt worden sein.
  • Dies gilt für jeden einzelnen Mangel und Schaden. Der Verkäufer sollte nicht nur solche Mängel auflisten, die offenkundig sind.
  • Bei einem Oldtimer kann ihm unter Umständen nicht bekannt sein, ob der Wagen unfallfrei ist. Dann empfiehlt es sich, die Unfallfreiheit vertraglich auszuschließen, um auf der sicheren Seite zu sein.
  • Falls Sie in eine Situation der Beweispflicht kommen, hilft Ihnen lediglich ein schriftliches Belehrungsprotokoll, das der Käufer unterzeichnet hat. Es reicht nicht, die Mängel im Fließtext oder in einer Aufzählung im Kaufvertrag zu erwähnen.
Anwalt Einfinger Verkehrsrecht
Im Zweifel besser einen kompetenten Anwalt wie Alexander Einfinger fragen. Bildquelle: Mobilrechtler.de

5. Software Updates für Oldtimer?

  • Gemäß § 475b BGB muss der Verkäufer einer Ware mit digitalen Elementen den Käufer über notwendige Software-Updates informieren. Zudem ist ein Verkäufer verpflichtet, dem Käufer über einen angemessenen Zeitraum Updates bereitzustellen. Diese Pflicht gilt auch bei Oldtimern. Denn obschon Oldtimer nicht die aktuelle Technik in sich tragen, können sie durchaus inzwischen mit digitalen Elementen wie zum Beispiel einem Navigationsgerät ausgestattet sein.
  • Es ist allerdings unklar, was ein angemessener Zeitraum konkret bedeutet. Daher ist der Verkäufer eines alten Fahrzeugs unter Umständen gut beraten, die Verpflichtung zur Bereitstellung von Updates im Kaufvertrag auszuschließen. Bezüglich der Form gelten die gleichen Empfehlungen wir bei der Definition der Beschaffenheit. Die Vereinbarungen sollten separat und schriftlich in einem Vorvertrag fixiert werden.

6. Verlängerung der Beweislastumkehr

  • Wenn sich innerhalb eines Jahres nach Übergabe des Fahrzeugs von einem Händler an eine Privatperson ein Mangel herausstellt, dann wird unterstellt, dass dieser Mangel schon beim Verkauf gegeben war.
  • Falls der Händler diese Vermutung nicht widerlegen kann, ist er für den aufgetretenen Mangel haftbar. Bislang galt diese Beweislastumkehr zu Gunsten des Käufers nur über einen Zeitraum von ein halbem Jahr.

Für welche Verträge gilt das neue Kaufrecht?

  • Die neuen Regelungen gelten nur für Verträge, die ab dem 01.01.2022 zwischen einem gewerblichen Händler und einem Käufer geschlossen wurden. Alle Verträge davor werden nach altem Recht behalndelt.

Unsere Empfehlung: EINFINGER Anwaltskanzlei – Die Mobilrechtler

Bei weiteren Fragen rund um das Thema Oldtimerkauf empfehlen wir Ihnen guten Gewissens Rechtsanwalt Alexander Einfinger von der EINFINGER Anwaltskanzlei – die Mobilrechtler. Er ist spezialisiert auf die Bereiche Verkehrsrecht, Kaufrecht, Wirtschaftsrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht, Allgemeines Vertragsrecht und Handelsrecht. Außerdem ist er passionierter Fan von Old- und Youngtimern sowie Autos jeder Art. Auf seinem Blog haben wir für interessierte Leser einen Guide zum Oldtimerkauf verfasst. Dort erfahren Sie, worauf Sie auch abseits von kaufrechtlichen Erwägungen bei einem Oldtimerkauf achten sollten.

Fabian ist verantwortlicher Redakteur bei den Mobilitätsblogs von SJS Carstyling und steht seit seiner Kindheit auf alles, was vier Räder hat. Sein Herz gehört den Marken Volkswagen und BMW. Privat fährt er einen Golf VII, hat jedoch auch bereits Erfahrungen mit Classic BMWs gemacht, unter anderem mit einem 5er E39 - genau, der mit dem herrlich-seidigen Sechszylinder-Sound. Fabian wohnt in Berlin und Sachsen-Anhalt und schreibt gerne über aktuelle und saisonale Autothemen.

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